Jungenzimmer

Fran öffnete die erstbeste Tür und fand sich in einem gemütlichen Raum mit Hängematten und einem Sofa wieder. Das ganze Beobachten hatte verdammt müde gemacht, am liebsten hätte die Frau mit den Hasenohren sich hingelegt, doch das war unmöglich ... vielleicht würde sie sich hinlegen können, wenn diese Nusschale endlich draußen auf dem Meer war. Nachdenklich strich sie über die Lehne des Sofas und nach kurzem Überlegen ließ sie sich einfach drauf fallen. Sie musste erstmal nachdenken, wo sie überhaupt hinwollte. Dorthin, wo das Steuer war. Und das war nicht Unterdeck, oder? Oder nicht? Fran seufzte und lehnte sich zurück. Wieso musste das auch so kompliziert sein? Plötzlich war die Dunkelhäutige ganz wachsam, ihre Ohren wandten sich in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Jemand war hier. Der rechtmäßige Besitzer. Erschreckt weiteten sich die Augen der Hasenfrau und sie wusste beim besten Willen nicht, wie sie unbemerkt wieder vom Schiff kommen sollte. Also was sollte sie jetzt tun?

Es kam, wie es kommen musste. Fran hörte die Schritte schon von Weitem, der Besitzer des Schiffs war eingetroffen. Wieso lief er aber so zielstrebig in diesen Raum? Zwischen den Hängematten und den Schränken konnte Fran nicht wirklich erkennen, weshalb man zuerst in diesen Raum gehen musste, um das Schiff zu starten. Vielleicht war der neue Besitzer ja pingelig und wollte erst sehen, ob auch alles Versprochene da war. Fran seufzte und unternahm nicht einmal den Versuch, sich zu verstecken, sie blickte einfach zur Tür, die rotbraunen Augen fixierten sich regelrecht auf den Türgriff. Neugier und Angst mischten sich in die Züge der Hasenfrau, doch als die Tür aufflog und sie den Besitzer wahrnahm, fiel die Angst von ihr und mit leichter Skepsis hoben sich ihre Augenbrauen. Der Kerl sah aus wie ein halbes Kind, auch wenn die Muskeln und das selbstsichere Auftreten das wahrscheinlich verstecken wollten. Seelenruhig richtete sich die Dunkelhäutige auf, der Junge war zwar nicht besonders klein, doch überragen tat sie ihn trotzdem. Sie versuchte das Lächeln, das aufkommen wollte zu unterdrücken und fragte:" Du und Piratenkönig? Alles klar. Gibst du dich auch mit einem Pfeil im Schädel zufrieden?" Auf einmal todernst holte Fran den Bogen hinter ihrem Rücken hervor und spannte gleichzeitig einen gewöhnlichen Pfeil auf. Zwischen den beiden Personen war kaum Distanz, doch sollte der Junge auch nur einen Schritt nach vorne wagen, würde sie die zum Reißen gespannte Sehne loslassen. Lammkotlett?! Verdutzt starrte die Frau mit den Hasenohren den Schwarzhaarigen an. Meinte er das ernst? Was meinte er damit überhaupt? "Ähm ... das sind ... Hasenohren?" Zur Unterstreichung ihrer Worte ließ die Dunkelhäutige die Ohren leicht vor und zurückwippen. Lammkotlett ... sah sie etwa aus wie ein Lamm? Oder war die Jugend von heute einfach ungebildet? Schwere Frage.

Fran schürzte die Lippen, als eine weitere Person hinein schneite. Ein junges Mädchen, recht zierlich, kleiner als der Schwarzhaarige und mit merkwürdig grünen Haaren. Langsam begann die Hasenfrau sich zu fragen, ob diese Situation geplant war, schließlich kamen hier ziemlich viele ungewöhnliche Zufälle zusammen. Nun, wie auch immer, die Amazone musste sich in diesem Kindergarten behaupten. Mit dem Jungen, der sich als Jay Silver vorstellte, würde sie schon irgendwie fertig werden und das Mädchen stellte ihrer Einschätzung keine Gefahr dar. Die Grünhaarige faselte etwas von einem Helden und zog die Haut des Jungen lang. Fran versuchte ihr Erstaunen zu verbergen, konnte sich aber nicht davon abhalten, diese Ungewöhnlichkeit zu beobachten. Teufelskräfte. So war das also ... Fran hoffte inständig, dass Jay seine Kräfte noch nicht so gut beherrschen konnte, denn gegen einen Teufelsfruchtnutzer sahen ihre Chancen schon ganz anders aus.

Die Frau mit den Hasenohren hatte sich kaum gerührt und stand immer noch da, den Bogen gespannt, jeden Moment bereit, loszulassen. Das Mädchen versuchte sie auszublenden, sie musste nur aufpassen, sie nicht versehentlich zu treffen. Innerhalb von Sekunden änderte sich jedoch die Situation, eben noch mit dem Mädchen beschäftigt hatte Fran nun eine Faust Millimeter vor ihrem Gesicht stehen. Sie schluckte und wurde sich bewusst, dass er sie einfach so umgehauen hätte wenn er nicht ... ein Gentleman wäre? Fran verzog den Mund und die rötlichen Augen verengten sich kurz zu Schlitzen. Wie selbstgefällig der 'zukünftige Piratenkönig' das sagte. Die Hasenfrau fragte:" Du denkst, dass ich dir nicht ebenbürtig wäre, weil ich eine Frau bin? Gut, dann gibst du also auf?" Ihr entschlossener Blick fixierte den Schwarzhaarigen, langsam ließ sie den Bogen sinken und umschloss mit ihrer Hand die Faust vor ihrem Gesicht. Die langen Fingernägel bohrten sich in die helle Haut Jays und Fran sprach ihre Forderung aus:" Ich will dein Schiff, Jay Silver."